SEMINARBERICHT
(von Petr Malý, DaF-Student, 3. Semester)
Am 17. März 2005, früh um 9.30 hat Prof. Dr. Hermann Funk die Gäste und Teilnehmer im Namen der Friedrich-Schiller-Universität zur abschließenden Veranstaltung des Blockseminars „Berufsbezogenen DaF-Unterricht planen” freundlich und herzlich begrüßt. Damit hat er den Endspurt im 4-tägigen Marathon für die DaF-Studenten gestartet, die am Blockseminar von Christina Kuhn teilgenommen haben. Die Gastreferentinnen haben sich meistens an einem Vortragsmuster gehalten, wobei sie natürlich immer speziell ihre Erfahrungswelt „zur Schau stellten”:
Die meisten Studenten wussten noch nicht, was auf sie wartet, bis Anne Sass, die Sprachtrainerin für DaF bei Henkel Business Communication, um 9.45 das Wort übernommen hat. Sie hat kurz ihre Firma Henkel vorgestellt und einige Einzelwesen (wie mich zum Beispiel) dadurch daran erinnert, woher wir eigentlich den Namen „Henkel” kennen. Ach, die Shampoos und Waschmittel! Frau Sass wollte jedoch natürlich keine Produktpräsentation machen. Sie ist aus Köln gekommen, um davon zu erzählen, wie ihre Firma die Sprach-, Fort- und Weiterbildung im berufsbezogenen Bereich fordert. För die Studenten hieß es, dass nach den 3 Tagen harter theoretischen Arbeit alles nun mit praktischen Beispielen überdacht wird.
Frau Sass hat das Konzept der Henkel KgaA in Düsseldorf vorgestellt. Anne Sass ist eine der einigen Sprachtrainer von Henkel, die sich mit dem berufsbezogenen Unterricht, Sprachtraining oder mit der Geschäftskommunikation beschäftigen und nicht nur den ausländischen, sondern auch den inländischen Arbeitern und Geschäftsleuten mit arbeitsplatzverbundenem Fachdeutsch im Unterricht helfen. Sie betonte die Konzentration der Sprachtrainer auf eine offene, ziel- und aufgabenorientierte Kommunikation und auf die Wirksamkeit und Akkuratheit das Kursangebots. Ein Kurs dauert bei Henkel in der Regel 60 Stunden (bei den Crashkursen sind es dann 8 Studen/Tag innerhalb von 3 Wochen) und verläuft sowohl einzeln, als auch in den Gruppen – leider nur für die internen Personen von Henkel. Die Themen sind je nach Bedarf der Kunden berufsbezogen (Frau Sass nennt ihre Lerner „Kunden”) und geben dem Kurs eine Form des Workshop, in dem z.B. Präsentationen oder Verhandlungen trainiert werden. Neben dem „Language Training” erwähnte Anne Sass jedoch auch das interkulturelle Training. Damit hat sie ein wichtiges Thema angebissen, von dem dann später auch die anderen Seminargästen gesprochen haben. Frau Sass hat darauf aufmerksam gemacht, dass das Kursangebot nach dem Europäischen Referenzrahmen gestaltet wird und das man ihn sowohl bei dem Einstufungstest als auch bei den Prüfungen berücksichtigt:
Henkelprüfungen sind:
Neben all diesen Dienstleistungen bieten die Henkel-Sprachtrainer noch Service an, der z.B. die Einschätzung des Arbeiters, Konsultation oder Vermittlung eines Tandems umfasst. Anne Sass hat auch über das DaF-Konzept gesprochen, indem sie den Henkel-Neologismus IMPATS präsentierte. Die IMPATS sind die ausländischen Arbeiter, die bei Henkel von den Sprachtrainern sprachlich gebildet oder weitergebildet werden. Einige Studenten konnten die Tatsache überraschend finden, dass Frau Sass die einzige Referentin war, die das E-Learning, vor allem im Bereich der Grammatik und des Wortschatzes, in ihrem Vortrag erwähnte und darauf in dem gesamten Bildungskonzept großen Wert gelegt hat. Die anderen Referentinnen haben jedoch später in der Abschlußdisskusion auf diese Problematik auch reagiert und auf die Gefahr der Entfremdung in der Kommunikation aufmerksam gemacht, falls der Lerner-Kunde zu viel mit dem Computer lernt. Dies soll sich vor allem in dem selbstbewussten Auftreten des einzelnen Lerners widerspiegeln (Kerstin Weißmann).
Die energische Kerstin Weißmann hat mit ein paar Angaben über das Bildungsinstitut begonnen: Gründung 1990 in Zwickau, Zweigsstellen in Dresden und Chemnitz. Die Geschäftsfelder liegen in der Berufsausbildung, Weiterbildung oder Beratung. Die Kunden (Lerner) kommen in das Sprachinstitut von anderen Volkswagengesellschaften und Automobilwerken - eine wichtige Rolle spielen da auch die Zuliefererfirmen (hier z.B. BASF) oder sogar die Arbeitsämter und, zu meinem Vergnügen, ebenfalls die Bürger. Ja, dies war nicht der Fall bei Henkel - Volkswagen bietet jedoch Kurse auch für die Öffentlichkeit an…für jeden, der sie bezahlen kann. Ein zweiwöchiges Kurs kostet 2000 Euro + Zusatzkosten (Hotel), wobei man aber zugeben muss, dass das Angebotsspektrum, das Engagement und die Kompetenz der Sprachtrainer (hier Yvonne Riedel) dem Preis im vollen Maße entsprechen, wenn sie ihn sogar nicht übertreffen. Yvonne Riedel hat den Seminarteilnehmern mit Hilfe von einer Folie so einen 2-wöchigen Kurs für einen portugiesischen Geschäftspartner vorgestellt. Es war alles da, was uns auch im theoretischen Teil des Seminars drei Tage früher Frau Kuhn mitgeteilt hat: Begrüßung, Smalltalks, persönliches Profil, Bedarfsanalyse, das erste mit der Kenntnis-Stand-Feststellung verbundene „Abklopfen” der Partner, Orientierung auf die kundenspezifische Berufshandlung, Kommunikation und auf den Fachwortschatz (hier im Autobereich), Vorstellung der Firma (Volkswagen) und des Landes (Geschichte - Produktion des Trabants), interkultureller Vergleich (Städte Zwickau und Lissabon, Autowerke Sachsen und Europa, typisch „deutsch” – typisch „portugiesisch”), Exkursionen in den Automobilwerken, Besuche der Zuliefererfirmen (bei Volkswagen ist es z.B. Johnson Controls) und Führungen durch die Städte. Damit ist die Referentin auf viele relevanten Punkte des Berufsbezogenen Unterrichts eingegangen und die Studenten konnten sehen, dass es tatsächlich alles ebenfalls in der Praxis funktioniert und umgesetzt werden kann. Die beiden Referentinnen haben anschließend die Wichtigkeit der Offenheit den Kundenwünschen und ihrer Kultur gegenüber, die Wichtigkeit der äußeren Gepflegtheit, Uneitelkeit, Selbstsicherheit, Flexibilität, Freundlichkeit, Profesionalität und vor allem der kommunikativen Fähigkeiten bei den Sprachtrainern betont. In diesem Zusammenhang haben die Referentinen die hyperkommunikativen Fähigkeiten aller ihrer portugiesischen Kunden gepriesen, die dann auch den Unterrichtsverlauf positiv beeinflußen und dem Sprachtrainer beträchtliche Menge der Kräfte sparen: bei Volkswagenkursen ist die tägliche Unterrichtszeit bei den Intensivkursen (in diesem Beispiel) ein bisschen länger als bei Henkel: 10 Stunden pro Tag, wobei die Sprachtrainer nach einem oder zwei Tagen wechseln.
Der Vortrag der „Volkswagen Gruppe Weißmann-Riedel” war insgesamt sehr praxisbezogen und wir mussten mehrmals wieder zu Atem kommen, weil die Praxis mit der Theorie nicht übereinstimmte. Nach den guten 20 Stunden Theorie darüber, wie man einen berufsbezogenen Kurs vorbereitet, wird man natürlich dadurch überrascht, dass man unter dem Zeitdruck das Kursangebot eigentlich in einem Tag, höchstens in zwei Tagen, vorbereiten muß und kann…
Mittagspause |
Das Seminar haben sich auch die ausländischen DaF-Studenten nicht entgehen lassen: Jana (Slowakei), Christos (Griechenland) und маша(Russland)
Die letzte Referentin ist zu uns nach Jena aus München gekommen, wo sie zusammen mit ihrem Mann im Institut für Sprachen und interkulturelle Kommunikation arbeitet. Doris van de Sand hat zuerst erwähnt, von woher all die Kunden in ihr Sprachinstitut kommen (vor allem von den deutschen Firmen BMW oder SIEMENS, von den ausländischen Betrieben sind es BRITISH AIRWAYS, ROLLS ROYCE oder der SVERIGE RIKSDAG) und welche Nationalitäten sie meistens haben. Da waren wir wieder überrascht. Die Kunden (Kurslerner) kommen nicht nur, wie wir logisch getippt haben, aus Schweden, England, Spanien, Frankreich, Österreich, aus der Schweiz oder aus den USA, sondern auch aus Peru oder aus Mexiko.
Frau van de Sand hat danach das bereits von Kerstin Weißmann vorgelegte Muster der Kundenkursintegration bestätigt, vielleicht auch ein bisschen erweitert:
Frau van de Sand ist ebenfalls auf die schwierige Frage des Lohnes eingegangen, wobei sie „unbarmherzig” die Tatsache betonte, daß man sich als ein freiberuflicher Sprachlehrer oder Trainer (in diesem Arbeitsverhältnis befinden sich alle Referentinnen) am Anfang des Jahres nicht sicher sein kann, dass er die gewünschte Geldsumme am Monats- oder Jahresende bekommt. Die Gehaltshöhe eines Sprachtrainers soll sich irgendwo zwischen 1.200 und 4.000 Euro pro Monat bewegen. Dabei hat Frau van de Sand einige unentbehrliche Anforderungen genannt, die an die Sprachtrainer gestellt werden:
Nach dieser Aufzählung mußte eine erwartbare Frage kommen – und diese Frage ist auch gekommen. Inwieweit haben auch die ausländischen Studierenden oder Arbeiter eine Chance, als Sprachtrainer für eine deutsche Firma in Deutschland zu arbeiten? Eine brennende Frage, die mindestens 80% der Raumbesetzung interessieren mußte. Die Chancen seien groß, und bei Henkel gebe es sogar bereits eine Spanierin, die Spanisch und Deutsch unterrichtet, berichtete Anne Sass. Die ausländischen Lehrer haben sogar einen bestimmten Vorteil, weil sie sich das deutsche Sprachsystem bewusster eingeprägt haben und sogar aus eigener Erfahrung und nicht nur aus den Büchern wissen, worin die meisten Schwierigkeiten bestehen. Auf der anderen Seite sieht Doris van de Sand ein Problem in der Ausprache, beziehungsweise in dem Akzent, den man den Kunden-Lernern auf keinen Fall spürbar machen soll. Falls ein Ausländer wie ein Muttersprachler sprechen wird, gibt es da keinen Grund, auch ihm eine Einstellungschance nicht zu geben.
Diskussionsrunde mit Doris van de Sand, Christina Kuhn, Kerstin Weißmann, Anne Sass und Yvonne Riedel (von links)
Der angenehme Seminar-Tag haben wir mit einer Diskussionsrunde abgeschlossen, in der einige Schwerpunkte neuerlich aufgegriffen wurden – die Auseinandersetzungen endeten jedoch meistens friedlichJ. Ich möchte mich auch für meine Mitstudenten bei den Referentinnen bedanken, dass sie gekommen sind und dass sie uns ihre kostbare Zeit gewidmet haben. Wir haben von ihnen viele nützliche Sachen erfahren und das gesamte Seminar mittels einer praktischen Sicht kompakt zusammenfasst. Wir danken natürlich auch Herrn Funk für die Organisation und Frau Kuhn, dass sie uns die ganze Zeit begleitet und so ein breites Angebot für uns vorbereitet hat.
Auch nach dem Seminar hat Prof. Dr. Hermann Funk noch weitere Fragen munter beantwortet und diskutiert